Und wieder geht eine Woche zu Ende, die äußerst ereignisreich war. Nach dem tollen Wochenende in Soc Trang (das dann im Endeffekt noch aufgewertet wurde, als ich Sonntagnachmittag erfahren habe, dass unsere Vermieterin darauf das Wochenende noch mal mit uns kochen möchte), habe ich wieder richtig Motivation für die Arbeit in der Schule gefunden. Trotzdem musste ich mich an meinem freien Montagmorgen erst einmal ausruhen. Die zwei Stunden am Montagnachmittag gingen auch schnell vorbei, sodass es von diesem Tag nichts Nennenswertes zu berichten gibt. Am Dienstag hatte ich endlich (!) wieder Preschoolunterricht, denn ich hatte die Kinder echt schon vermisst. Sie haben mich auch ganz fröhlich begrüßt und ich merke, dass sie immer offener werden und nicht mehr so schüchtern wie am Anfang sind. Das „Good morning, teacher!“ haben sie mittlerweile auch ganz gut drauf und die Farben natürlich sowieso, sodass ich einen schönen Vormittag in der Schule verbringen konnte. In der Mittagspause haben wir uns mit einem Vietnamesen getroffen, den unsere Direktorin uns vermittelt hat und der uns Vietnamesisch beibringen will. Er scheint, ein wirkliches Konzept zu haben, und ich bin gespannt, wann der Unterricht losgeht und wie viel ich davon mitnehmen werden könne. Motiviert bin ich auf jeden Fall!
Am Nachmittag war mein Unterricht auch viel besser als die Woche zuvor und in der Pause habe ich seit langem mal wieder zum Badmintonschläger gegriffen. Die Kinder haben in der Pause gespielt und ein Englischlehrer, der mich mal dabei beobachtet hat, wie ich den Badmintonspielern bei uns an der Schule zugeschaut habe, hat uns bedeutet, wir sollten doch auch kommen. Ich glaube, die Kinder waren dann doch überrascht, dass ich gar nicht so schlecht war, und ich habe das Gefühl, das hat mein Ansehen dort sehr gestärkt. J Mir selbst hat es auch viel Spaß gemacht, obwohl es zu Hause natürlich etwas ganz anderes ist zu spielen als hier mit den „kleinen“ Kindern der fünften Klasse. Als sie mich am Ende der Pause schon für den nächsten Tag zum Badmintonspielen „eingeladen“ hatten, bin ich direkt nach der Schule am Supermarkt vorbeigefahren und habe zwei Schläger gekauft. Ja, hier gibt’s die auch im Supermarkt für umgerechnet etwas mehr als zwei Euro (für zwei Schläger!), die in ihrer Qualität aber mehr den Schlägern von Aldi gleichen. Aber fürs erste wird es sicherlich reichen.
Als ich am Mittwoch meinen Unterricht etwas früher beendet hatte (was ich öfters tue in der Preschool, wenn ich das Gefühl habe, die Kinder können nichts mehr aufnehmen), stand ich vor der Schule und habe mir einige Fotos angeschaut, bis mich eine Vietnamesin ansprach. Ich glaube, sie hatte eine Französin erhofft, weil sie gerne Französisch sprechen/üben würde, aber wir haben uns dann dennoch ganz nett in Englisch unterhalten. Da sie im Sportdress war, hatte ich mir am Anfang schon gedacht, dass sie wahrscheinlich zum Badmintonspielen dort war, was sie mir nach einiger Zeit auch bestätigte. Ich war glücklich, endlich mal jemanden zum Badmintonspielen gefunden zu haben, und wir tauschten Handynummern aus, um uns noch mal treffen zu können. Auch sonst war ich sehr froh über einen Kontakt zu einer „Einheimischen“ – so langsam findet man hier ins Leben.
Der Rest der Woche verlief gut und ich war mit dem meisten Unterricht auch ganz zufrieden. Die Tage werden nun aber immer noch etwas anstrengender, wenn ich in der halben Stunde Pause am Vormittag und am Nachmittag nicht mehr auf einer Bank sitzen und mich ausruhen kann, sondern immer von den Kindern zum Badminton aufgefordert werde. Am Freitagnachmittag war ich dann so fertig, dass ich ablehnen musste. Aber ich hoffe/glaube, sie haben es mir nicht übel genommen!
Am Freitag habe ich mich dann wieder mit der Vietnamesin getroffen. Sie hatte mich eingeladen, mit ihr zu einer „show“ der Can Tho University zu gehen. Ich war zwar eigentlich total müde, wollte die Einladung aber nicht ausschlagen und war auch neugierig, was das wohl sein würde. Also trafen wir uns am späten Nachmittag mit unseren Fahrrädern und fuhren zur Universität. Die Vietnamesin ist sehr gesprächig und redet gerne viel, sodass sie mir pausenlos etwas erzählt hat. Die Can Tho University liegt auf einem riesigen Gelände und der Raum, in dem die „show“ stattfinden sollte, war schon gut gefüllt. Glücklicherweise hatten die Freunde der Vietnamesin uns aber Plätze freigehalten. Als die Show anfing, hatte ich keine Ahnung, was da passieren würde. Als erstes kam eine Tanzgruppe, worauf ein schnulziger Sänger kam. Ich erfuhr langsam, dass es, so wie ich es verstanden habe, eine Art Castingshow ist, bei der man Geld und wohl eine Reise nach Europa gewinnen kann. Vorne saß auch eine Jury, die jeden Teilnehmer bewertet hat, und es gab zwei sehr gewöhnungsbedürftige Moderatorinnen – mag sein, dass sie gut moderiert haben (ich habe ja nichts verstanden), aber sie sahen aus wie die Kinder auf dem Mondfest in groß in zwei weißen Kleidern mit einem wahnsinnig weiten Rock und viel Rüschen und Tüll. Naja, vietnamesischer Geschmack eben…Am Anfang war die ganze Sache noch sehr lustig und interessant, aber irgendwann überkam mich doch die Müdigkeit und Langeweile, weil ich in den langen Teilen, in denen die Jury bewertet oder die Moderatorinnen interviewt und erzählt haben, nichts verstanden habe. So war ich froh, als die Vietnamesin irgendwann nach etwa zwei Stunden sagte, wir würden jetzt noch in einen Park gehen. Was ich nicht wusste, war, dass sie den Park meinte, den ich von meinem Fenster aus immer sehe. Und was ich noch weniger wusste, war, dass ihr Ziel eine Riesenschaukel war, von der ich hier immer total genervt bin, weil ich bis spät in die Nacht die Leute darin kreischen höre. Aber wenn wir schon mal da waren, musste ich das natürlich auch ausprobieren – irgendwann hätte ich es sowieso mal machen müssen! Für 10000 Dong bestiegen wir die Schaukel und ich war ja etwas überrascht, als die ersten anfingen zu schreien, obwohl außer ein wenig Hin-und-Her-Schaukeln nichts passierte. Aber dann…Irgendwann schaukelte die Schaukel so hoch, dass man praktisch senkrecht zum Boden stand, und genau in dem Moment fing meine Sicherung an zu wackeln. Für 10000 Dong kann man eben keine Sicherheitsstandards erwarten, habe ich mir gedacht, und bin jedes Mal wieder zusammengezuckt, als es wieder auf die andere Seite ging. Das Schaukeln schien kein Ende zu nehmen und erst nach einer halben Ewigkeit wurde die Schaukel allmählich langsamer und ich bemerkte, dass die Sicherung zwar etwas wackelte, aber doch fest verankert war - toll, hätte ich das mal früher gewusst, dann hätte die ganze Sache echt Spaß machen können. Da muss ich es wohl im nächsten Jahr noch mal ausprobieren.
Anschließend wollte mich die Vietnamesin noch in eine Geisterbahn bringen, die aber dann doch noch etwas weiter entfernt war. Und in Anbetracht der Tatsache, dass es schon Viertel nach 9 war und die Familie um 10 das Haus zuschließt, bin ich lieber nach Hause gefahren. Außerdem war ich immer noch sehr müde und geschafft.
So war der Samstag zunächst auch ein Tag zum Ausruhen – ich habe etwas länger geschlafen und dann sehr viel gelesen. Nebenbei musste ich mein Zimmer etwas saubermachen und aufräumen, weil ich am Nachmittag Besuch von der Freiwilligen aus Soc Trang bekommen habe. Als sie ankam, gingen wir erst mal in ein Cafe, um uns ein wenig unterhalten zu können. Nachdem sie sich in unserem großen Supermarkt, der in Soc Trang leider fehlt, erst mal mit neuen Lebensmitteln eingedeckt hatte, mussten wir uns beeilen, nach Hause zu kommen, weil wir an diesem Abend mit unserer Vermieterin kochen wollten. Sie hatte uns aufgefordert, Freunde einzuladen, und so standen wir dann zu viert in der Küche und hatten einen kleinen vietnamesischen Kochkurs. Ich durfte Fisch mit Fleisch zusammenmanschen und wir haben gesehen, wie lange es dauert, eine Pomelo zu schälen, sodass man sie essen kann. Das Essen war sehr gut, besonders das, was letztendlich aus meiner Fisch-Fleisch-Pampe geworden ist. Diese wurde nämlich in Tintenfisch hineingestopft und dann gebraten – echt lecker! Dazu gab es, wie kann es hier anders sein, Reis. Zum Trinken hat unsere Familie extra Wein geöffnet; dabei muss aber vor jedem Schluck angestoßen werden, was automatisch auch dazu führt, dass jeder gleichviel trinken muss. Eine nicht ganz so gute Sache, wie ich finde, aber für ein Essen auszuhalten. Wir aßen sehr lange und später kam noch ein Freund unseres Gastvaters, der mal in Deutschland war und mit dem wir uns lange unterhalten hatten. Ich fand es ganz lustig, dass sie ihn extra eingeladen hatten, und noch lustiger wurde es, als er praktisch der Übersetzer für unseren Gastvater war. So war es ein lohnender Abend, wo ich unsere Gastfamilie hier ganz anders kennengelernt habe und sie bestimmt in guter Erinnerung behalte, wenn wir am Donnerstag in unser Haus ziehen werden.
Heute Morgen sind wir ziemlich früh aufgewacht und dann irgendwann frühstücken gegangen. Wir saßen sehr lange im Cafe, bis wir in einen Bücherladen gegangen sind – wenn man hier Gäste aus den umliegenden kleineren Städten hat, muss immer erst einmal einkaufen gegangen werden. ;) Weil die Busverbindungen nach Soc Trang nicht die besten sind und der letzte Bus am Tag um 1 Uhr nachmittags fährt (was uns ja auch schon zum Verhängnis wurde…), mussten wir auch schon bald los. Davor musste nämlich noch ein längerer Aufenthalt in der Metro sein – wieder einkaufen für die kleine Stadt. ;) Das war ganz lustig, weil wir am Eingang, wo wir unsere „Metro-Card“ bekommen hatten, ein Mitarbeiter stand, der ganz gut Englisch sprach und uns dann immer wieder bei unserem Einkauf etwas gefragt hat. Auf unserer Suche nach Honig haben wir schließlich beschlossen, das zu nutzen und haben ihn gefragt, ob sie irgendwo Honig hätten. Das führte dazu, dass er diverse andere Mitarbeiterinnen befragt hat und sogar mit irgendjemandem telefoniert hat, um uns den Honig zeigen zu können – sehr nett, aber der Aufwand war mir irgendwann dann doch ein wenig unangenehm. ;)
Nachdem ich dann am Busbahnhof noch mit auf den Bus gewartet hatte, bin ich nach Hause gefahren und mal wieder total nass geworden. Eigentlich wollte ich heute Nachmittag noch mal los und mir ein paar Geschäfte anschauen, aber es ist immer noch so dunkel draußen, dass es wahrscheinlich jeden Moment wieder anfangen könnte zu regnen. So verbringe ich vielleicht auch noch ein wenig Zeit mit meinem Buch, meinem Reiseführer oder meiner Klarinette und ruhe mich aus, um fit zu sein für eine neue Schulwoche.
Eure Clara
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