Montag, 7. Dezember 2009

Nikolaus in Soc Trang

"Happy, happy, happy as can be Soon St Nicholaus comes to me Soon St Nicholaus comes to me"
Einen kleinen Ohrwurm hatte ich schon, als ich gestern Nachmittag aus Soc Trang zurückgefahren bin nach einem Vormittag, an dem zwei Stunden lang Nikolaus mit Kindern gefeiert wurde und dieses Lied pausenlos gespielt wurde. Aber es war ein schöner Vormittag! Die Nikolausveranstaltung, die die beiden Freiwilligen in Soc Trang an ihrer Schule (einem Vietnamese American Training College, das von den Schülern außerhalb ihrer normalen Schule besucht wird) mit Hilfe der vietnamesischen Lehrer organisiert hatten, begann schon um halb 8 am Morgen - das hieß früh aufstehen. Um kurz nach sieben waren wir an der Schule, um letzte Vorbereitungen zu treffen. Es war interessant, mal eine andere Schule zu sehen. Sie ist sehr viel moderner und besser ausgestattet als meine Schule, nimmt aber natürlich noch viel mehr Schulgeld. Somit handelt es sich um eine noch elitärere Einrichtung, aber es ist natürlich gut, wenn die Kinder und Erwachsenen, die dorthin gehen, die Möglichkeit haben, mehr und besser Englisch zu lernen, vor allem reden zu lernen, was in normalen Schulen oft nicht gefördert wird. Die Veranstaltung sollte in einem großen Raum stattfinden, der sogar ein bisschen geschmückt war. Um halb acht kamen die Kinder und saßen alle auf dem Boden vor der Bühne, als die Veranstaltung begann. Zunächst sangen die beiden Freiwilligen "Lasst uns froh und munter sein" für die Kinder und brachten ihnen sogar den Refrain des Liedes bei. Anschließend hörten die Kinder etwas über die Geschichte des Nikolaustages, die ihnen auch auf Vietnamesisch nochmal erklärt wurde, und sie lernten dabei einige Vokabeln, die danach in einem Spiel abgefragt wurden. Ich war beeindruckt, wie schnell sich die Kinder die Vokabeln merken konnten und besonders wussten, wie sie geschrieben wurden. Davon kann ich bei mir nur träumen...Nun lernten die Kinder die englische Version von "Lasst uns froh und munter sein", sangen es erst gemeinsam, bevor sie in Fünfergruppen üben sollten, um es nachher in einem Contest vor allen zu präsentieren. Diese Übephase lief etwas unorganisiert; viele Kinder hatten keine Gruppe, wollten entweder nicht üben oder fanden keinen, der mit ihnen singen wollte, und so waren recht viele Kinder unbeschäftigt. Dies zog sich fort bei den Auftritten der Kinder - nur wenige Gruppen sangen. Bei so einer großen Anzahl an Kindern (sicherlich an die 100) ist es aber auch schwierig, auf jedes Kind einzugehen und in die Veranstaltung mit einzubeziehen. Die Auftritte der Kinder waren teilweise sehr "interessant", am Ende wurden die drei besten Gruppen ausgesucht, als Preis gab es einen Teddy. Zum Abschluss durften die Kinder Nikolauskarten malen - drei mal dürft ihr raten, was als Hintergrundmusik lief...Um 9 Uhr war dann aber "zum Glück" Stromausfall, sodass die Musik endlich ein Ende hatte. Eine halbe Stunde später war auch die Veranstaltung zu Ende, nachdem die Kinder noch ein kleines Nikolausgeschenk bekommen hatten. Alles in allem sicherlich eine schöne Veranstaltung für die Kinder und für mich ein wenig wehmütig mit anzusehen, wenn ich das mit meinem tristen Matheunterricht vergleiche. Da erkennt man eben doch die Vorteile einer solch elitären Schule, wo nur Englisch unterrichtet wird, damit alle Lehrer Englisch sprechen und eine Zusammenarbeit möglich ist, wohingegen bei uns maximal ein bis zwei Personen an der Schule sind, die mehr als "Hello" sagen können. Aber vielleicht mag ich meine Schule gerade deswegen, weil es eben jeden Tag eine Herausforderung ist, das zu erreichen, was man will.
Den Rest des Tages haben wir in Cafes verbracht und ein paar zukünftige Reisen geplant, was die Vorfreude auf die nächste Zeit sehr fördert und deshalb wahnsinnig viel Spaß macht.
Der eigentliche Grund, warum ich an diesem Wochenende nach Soc Trang gefahren war, war aber nicht Nikolaus, sondern die Kirche - ich wollte gerne an einem Adventsgottesdienst teilnehmen. So gingen wir Samstag um fünf in die Kirche und wurden sehr freundlich empfangen. Leider mussten wir aber feststellen, dass in der Kirche nicht wirklich Advent zu herrschen scheint. Naja, Weihnachten werden wir wiederkommen und sehen, was sich bis dahin getan hat.
Die letzte Woche war sehr abwechslungsreich. Am Dienstag habe ich das letzte Mal die Preschoolklassen in unserer Schule unterrichtet. Vor meiner letzten Stunde kam nämlich die Direktorin zu mir und erzählte mir, dass die Preschool umziehen würde. Als ich mit unserer Sekretärin gesprochen habe, hat sie mir erzählt, dass die Preschool nun eine anerkannte Preschool sei und diese Anerkennung aber erfordern würde, dass sie an einem anderen Ort als die Grundschule sei. Das Gebäude ist sehr nah an meinem Haus, was natürlich ein Vorteil ist. Als ich am Mittwoch zur Schule gegangen bin, gefielen mir die Räume sehr gut; sie sind hell und groß und sehen freundlich aus. Allerdings gibt es dort keinen Schulhof und ich habe zunächst befürchtet, dass die Kinder den ganzen Tag im Haus hocken müssen. Am Freitag durfte ich allerdings erleben, wie sie zum Spielen in den Park gebracht wurden. Das Gebäude liegt nämlich direkt gegenüber von einem Park, den man sich aber nicht so vorstellen darf wie in Deutschland. Er ist sehr klein und übersät mit zahlreichen Geräten wie Karussells, einem Riesenrad etc. Trotzdem bietet er für die Kinder Platz zum Spielen. Allerdings ist eine oft stark befahrene Straße zwischen dem Park und dem Schulgebäude, die überquert werden muss. Am Freitag sollten die Kinder dann (dummerweise in meiner Stunde...) im Park spielen gehen. Dazu wurde ein Seil genommen, zu einem Dreieck, dass an einer Seite offen war, geformt und alle Kinder in das Seil gestellt. Dann ging es über die Straße. Das klappte überraschend gut, war allerdings auch zu einer Zeit, wo wenig Leute unterwegs sind. Wie das passiert, wenn die Straße wirklich stark befahren ist, ist mir ein Rätsel.
Ansonsten macht die Grundschule langsam wieder Spaß. Nach einer Woche Pause musste ich in die Arbeit erstmal wieder hineinkommen, weil teilweise an ganz anderen Punkten weitergemacht wurde; zum Beispiel hat die Direktorin, die mich vertreten hat (ich bezweifle allerdings, dass sie wirklich immer da war...) mit der fünften Klasse Science begonnen, obwohl ich mit Mathe noch garnicht fertig bin. Solche Missverständnisse mussten dann erstmal ausgeräumt werden. Mittlerweile bin ich aber wieder gerne in der Schule, mag die Arbeit mit den Kindern und bin immer öfter zufrieden mit dem Unterricht.
Heute war ich nach der Schule an einem English Center, einer ähnlichen Einrichtung wie die der beiden Freiwilligen in Soc Trang. Vor etwa einen Monat wurden wir angesprochen, dort zusätzlich zu unterrichten, und ich hatte mich nun endlich dazu durchgerungen, ein Treffen zu verabreden, um mir die Schule anzuschauen. Mich hat es gereizt, auch ältere Studenten zu unterrichten; zum einen, weil man mit ihnen bestimmt etwas kreativeren, abwechslungsreicheren Unterricht machen könnte, zum anderen zum Ausprobieren für mein Studium in einem Jahr. Leider verlief das Treffen nicht so gut. An der Schule unterrichten ausschließlich ausländische Lehrer, was mir von Anfang an nicht so gut gefiel. Ich habe mich außerdem nur mit Abitur unqualifiziert gefühlt und hatte das Gefühl, dass die Frau, mit der ich gesprochen habe, selten ehrlich zu mir war. Das Problem, was mir schon vor dem Gespräch eingefallen war, war, dass ich bis Ende Februar nur noch selten in Can Tho bin. Als ich das angesprochen hatte, habe ich als Antwort bekommen, unterrichte doch erst mal die nächsten zwei Wochen und dann sehen wir weiter. Ich möchte aber klare Absprachen, denn, wenn ich in der Schule Ferien oder Urlaub habe, möchte ich diese freie Zeit unbedingt zum Reisen nutzen. Schließlich möchte ich auch das Land kennenlernen! Der letzte Punkt, der mich dazu bewogen hat, nicht an der Schule zu arbeiten, war, dass sie mich kleine Kinder unterrichten lassen wollten, weil ich das ja auch in der Primary School mache. Ich hatte gesagt, dass ich zu dem English Center gekommen bin, um andere Erfahrungen zu sammeln; mit kleinen Kindern arbeite ich schon genug, das ist nicht das, was ich wollte. Und so war ich dann doch froh, als ich abgesagt und das Gebäude wieder verlassen hatte. Es geht mir nicht darum, hier irgendwie meine freie Zeit zu füllen, sondern um neue Erfahrungen zu sammeln. Die Arbeit mit Jugendlichen würde mich sehr reizen, aber die war an der Schule nicht gewährleistet. Eine kleine Enttäuschung war der Besuch an dem English Center aber trotzdem, obwohl ich nicht allzu viel erwartet hatte, und so ging ich anschließend in ein Cafe, um das ein wenig zu verarbeiten. Auf dem Rückweg habe ich zufällig meine vietnamesische Freundin getroffen, die ich schon lange nicht mehr gesehen hatte - das hat mich sehr gefreut!
Jetzt ist es abends. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich das mit einer Lichterkette beleuchtete Haus unserer amerikanischen Nachbarn - das hätte ich nicht erwartet! Da merke ich dann doch, dass gestern schon der zweite Advent und somit bald Weihnachten ist.
Eure Clara

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